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Perspektivwechsel: Gesundheit vor Krankheit – Wie wir den vier größten Gesundheitsgefahren unserer Zeit begegnen können

Das Paradoxon unseres Gesundheitssystems

Wir leben in einer Ära medizinischer Höchstleistungen. Herzoperationen, die früher undenkbar waren, sind heute Routine. Medikamente, die Leben retten, werden täglich verabreicht. High-Tech-Geräte blicken tief in unseren Körper – manchmal schon, bevor wir merken, dass etwas nicht stimmt.

Und trotzdem: Unsere Gesellschaft steuert in eine Gesundheits- und Pflegekrise, die wir so nicht mehr auffangen können. 5,6 Millionen Pflegebedürftige leben in Deutschland, doppelt so viele wie vor 10 Jahren. Nach Schätzungen des statistischen Bundesamtes werden weitere 2 Millionen bis 2055 hinzukommen. 115.000 Stellen für Fachkräfte in der Pflege sind schon jetzt unbesetzt. Diese Zahl wird voraussichtlich – so der Deutsche Pflegerat – bis 2034 auf insgesamt 500.000 ansteigen.

Eher wird überlegt, wie man Pflegekräfte durch Roboter ersetzen kann, insbesondere wenn es um die „soziale“ Ansprache der zu Betreuenden geht, als systematisch darüber nachzudenken, mit welchen Strategien und Konzepten verhindert werden kann, dass Menschen überhaupt erst pflegebedürftig werden.

Die Pharmabranche verzeichnet wirtschaftliches Wachstum und breitet sich aus. Denn die zunehmende Anzahl von chronisch kranken Menschen bietet einen verlässlichen und wachsenden Absatzmarkt. Die Belastungen der Krankenkassen steigen von Jahr zu Jahr immens und damit auch die Beiträge der Versicherten.

Und eines passiert nicht: Wir stellen uns nicht die entscheidende Frage, wie wir verhindern können, dass so viele Menschen überhaupt so krank werden

Gesundheit vor Krankheit: Längst noch keine Leitidee

Unser Gesundheitssystem arbeitet prioritär mit Mitteln, um eine vorhandene Krankheit zu behandeln. Dabei haben die ärztlichen Praxen vor allem mit Menschen zu tun, die chronisch erkrankt sind und deren Symptome durch eine dauerhafte Einnahme von Medikamenten  kontrolliert werden.

Wir investieren Milliarden, um die Folgen von Krankheit zu managen – statt deutlich weniger Geld und Energie dafür aufzuwenden, Gesundheit zu erhalten.

Dabei ist längst bekannt:

Ein Großteil der chronischen Erkrankungen ist vermeidbar oder ließe sich zumindest viele Jahre hinauszögern.

Die vier „apokalyptischen Reiter“ – unsere größten Gegner

Der Arzt und Präventionsforscher Peter Attia beschreibt in seinem Buch Outlive die vier größten Bedrohungen für unsere Gesundheit und Selbstständigkeit im Alter:

  1. Das metabolische Syndrom
    Ein gefährlicher Mix aus Übergewicht, Bluthochdruck, hohen Blutzuckerwerten und gestörten Blutfetten – der perfekte Nährboden für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes.
  2. Herz-Kreislauferkrankungen
    Immer noch die Todesursache Nummer eins weltweit – und oft über Jahrzehnte unbemerkt im Entstehen.
  3. Krebs
    Vor allem jene Arten, die stark mit Alter und Lebensstil zusammenhängen – viele davon sind durch Vorsorge und Prävention beeinflussbar.
  4. Neurodegenerative Erkrankungen
    Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder andere Demenzformen, die nicht nur den Körper, sondern auch Persönlichkeit und Selbstbestimmung zerstören.

Das Tückische:

Diese verschiedenen Pathologien spielen sich gegenseitig in die Karten. Sie entwickeln sich oft über Jahrzehnte – leise, unsichtbar, schleichend. Doch genau das ist auch ihre Schwachstelle: Wir haben ein riesiges Zeitfenster, um gegenzusteuern.

Investieren statt nur zu reparieren

Die Rechnung ist simpel:

  • Jeder Euro in Prävention spart ein Vielfaches an späteren Behandlungskosten.
  • Jede Stunde Bewegung heute kann Jahre selbstständigen Lebens im Alter bedeuten.
  • Jede bewusste Entscheidung für gesunde Ernährung, guten Schlaf und weniger Stress ist ein Investment in Deine Zukunft.

Gesundheit vor Krankheit: Was ist zu tun?

Die Strategie geht in zwei Richtungen: Zum einen muss gesundheitspolitisch alles dafür getan werden, unser Gesundheitssystem strategisch neu auszurichten. Bereits in der frühkindlichen und schulischen Bildung muss die Kunst der Lebenspflege erlernt werden und sich bis ins hohe Alter fortsetzen, ganz im Sinne des chinesischen Yang-Sheng.

Jeder Mensch muss die Möglichkeit erhalten, individuelle gesundheitliche Risiken so früh wie möglich zu ergründen und mit sinnvollen präventiven Maßnahmen zu begegnen. Dazu können auch genetische Untersuchungen gehören, auf die präventiv mit individuellen epigenetischen Konzepten reagiert werden kann. Dazu demnächst mehr.

Andererseits sollten wir keine Zeit verlieren und nicht darauf warten, bis sich unser gesundheitliches System stärker präventiv ausgerichtet hat. Jede und Jeder kann auch schon jetzt aktiv werden, die vier apokalyptischen Reiter vor Augen.

Ausblick – die Reise beginnt

In den nächsten vier Ausgaben unseres Balance-Update werden wir uns mit je einem der apokalyptischen Reiter näher befassen:

  • Wie er entsteht
  • Warum er so gefährlich ist
  • Und vor allem: Was wir heute tun können, um ihn zu stoppen.

Denn Gesundheit ist kein Zufall – sie ist das Ergebnis täglicher Entscheidungen.

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